Betreff: Warum will er es nicht kapieren?

Deine Frage:
Ich bin ein(e) Frau
und 30 Jahre alt

Ich habe mit meinem Freund nach 2,5 Jahren Schluß gemacht, die Gründe waren vielfältig und es halt am Ende nur noch Streit gegeben, sodass ich einen Schlußstrich gezogen habe!
Seit dem belagert er mich, er geht in die Läden in denen ich auch bin, er lauert mir auf, er schreibt mir täglich zig SMS, macht mir Geschenke etc. – ich will das alles nicht – aber er scheint es nicht zu kapieren? Ich habe alles versucht, die netto Tour, die A…-Tour, alles – aber mittlerweile bin ich an einem Punkt wo es nicht mehr geht, wo es an die Substanz geht.
Hast Du noch einen Rat?

Hallo,
hier muss man wieder beide Seiten betrachten. Sich zu trennen fällt (fast) niemandem leicht und nach zweieinhalb Jahren hast Du Dich anscheinend nach diversen Auseinandersetzungen dazu durchgerungen. Für eine Trennung müssen viele Menschen eine ganze Menge emotionale Energie aufwenden. Immerhin ist der Partner meistens ja nicht wirklich ein schlechter Mensch, aber man passt eben nicht zusammen. Umso verständlicher ist es, dass man, wenn die Trennung erst einmal beschlossene Sache ist und dem anderen mitgeteilt wurde, seine Ruhe haben will. Denn entgegen der weitverbreiteten Vorstellung hat es der, der geht sich nicht immer leicht gemacht. Eine Beziehung zu beenden, heißt einem anderen Menschen in den allermeisten Fällen erhebliche emotionale Schmerzen zuzufügen. Der Verlassene leidet dann mehr oder weniger stark unter Liebeskummer und der, der geht leidet auch. Der Mensch besitzt die Fähigkeit zur Empathie, das heißt, er kann sich in andere Menschen einfühlen. Wir nehmen unter anderem über die Spiegelneuronen im Gehirn wahr, wie sich unser Gegenüber fühlt. Das ist in Beziehungen, die wir uns wünschen, eine sehr schöne und verbindende Sache. So können wir uns auf unseren Partner einschwingen. Wenn nun jedoch ein Mensch, zu dem wir keine Beziehung haben möchten, zeigt, dass er unseretwegen leidet, dann fühlen wir uns mies und schuldig. Denn über unsere Empathie leiden wir mit, ob wir wollen oder nicht. Der Mensch das soziale Wesen. Das kann kaum jemand abstellen. Das kostet Kraft und man möchte nur noch eines: weg!

Wie lange dauert es, bis der Expartner akzeptiert, dass Schluss ist?

Man sagt, dass es ungefähr so lange in Monaten dauert, eine Beziehung abzuschließen, wie sie in Jahren bestanden hat. Das heißt, in diesem Fall könnte man schätzen, dass Dein Ex-Freund sich nach ca. 2,5 Monaten gefangen haben müsste (kleinere Rückfälle inbegriffen). Der akute Kummer sollte höchstens 6 Wochen betragen.

Die Umstände der Trennung spielen auch eine Rolle

Wenn dieses Verhalten nicht im Laufe von 6 Wochen deutlich abklingt, scheint das Ende der Beziehung für ihn traumatischere Ausmaße angenommen zu haben. Hatte er viel Stress im Beruf oder in der Familie? Dann ist es sehr wahrscheinlich, dass das sogenannte „hohe arousal“ dazu geführt hat, dass er emotional verwundbarer war, als unter entspannten Umständen zu erwarten gewesen wäre. Es gibt Männer und Frauen, die mit der Beziehung große Hoffnungen auf beispielsweise eine eigene Familie verbinden. Sie sind besonders gefährdet, extrem lange und schwer unter der Trennung zu leiden. Der Kinderwunsch ist nicht umsonst eines der beliebtesten und sichersten Lockmittel, um Menschen in eine sexuelle Beziehung zu locken.

Sich menschlich fair trennen hilft dem Ex-Partner

Es könnte sein, dass Du seine emotionale Stärke überschätzt hast und die Trennung entschlossener und heftiger umgesetzt hast, als er in dem Moment verkraften konnte.
Mein Tipp ist, sich ehrlich zu fragen, ob man den anderen unter menschlichen Gesichtspunkten fair verlassen hat. Hatte der Verlassene die Möglichkeit Fragen zu stellen? Es spielt keine Rolle, dass die meisten Verlassenen in ihrem Liebeskummer die Argumente nicht hören wollen und betteln, aber man muss sich der Verantwortung stellen und ein letztes Mal Rede und Antwort stehen. Sonst fehlt im Film des Verlassenen das ENDE und derjenige kann nicht abschließen. Mein Rat ist sich zweimal solch einem Gespräch zu stellen. Es kann auch telefonisch sein, falls man Angst vor dem Ex-Partner hat. Danach sollte man konsequent und sehr freundlich den Kontakt auslaufen lassen. Man sollte sich nicht zu Antworten verleiten lassen, wenn man das nicht möchte.

Ein gewisses Maß an Hinterherlaufen und Umstimmungsversuchen muss man als der sich trennende Partner leider immer in Kauf nehmen. Wichtig ist, sich klarzumachen, dass der Partner, von dem man sich trennt, für sich selbst verantwortlich ist. Man hat wahrscheinlich schon viele Male zuvor versucht die Beziehung zu retten und ist nun an einem Punkt angekommen, wo man eine Entscheidung getroffen hat. Man muss hier innerlich sehr fest und konsequent sein. Der Hauch eines Zweifels daran, ob es richtig war sich zu trennen wird auch nonverbal kommuniziert und aktiviert den Ex-Partner mit größter Wahrscheinlichkeit zu neuen Kontaktversuchen. Ich würde auch versuchen meinen Tagesablauf ein wenig zu ändern, so dass es weniger vorhersehbar ist, wann ich mich an welchem Ort aufhalte. Natürlich wirkt es auf viele wie eine Zumutung, quasi ihr Revier herzugeben. Doch der Klügere gibt eben auch hier nach. Menschen, die sich sehr in ihrer Ehre angegriffen fühlen, tun sich sehr schwer damit „loszulassen“ . Genau damit wird man vorhersehbar und gegebenenfalls zum Opfer (im mildesten Fall von harmlosen Nachstellereien).

Ist das noch Liebeskummer oder schon Stalking

Wenn die Zurückgewinnungsversuche bei einem das Gefühl von Bedrohung auslösen, dann sollten sich ausdrücklich Männer wie Frauen an das zuständige Polizeirevier wenden. Es kann einem nur geholfen werden, wenn Fakten bekannt sind.
Hier ist der Link zur Seite der Polizei mit Tipps und Informationen gegen Stalking.

Alles Liebe
Christina